27.11.2020
9 Minuten Lesezeit

Achszählen hat sich etabliert

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Der britische Bahnmarkt erkannte schon früh das Potenzial von Achszählern und setzte die Technologie ein.

Raddetektion und Achszählung sind heute Stand der Technik, wenn es um die zuverlässige Erfassung von Zügen geht. Wir fassen einige Beispiele zusammen, die zeigen, dass dies noch lange so bleiben wird – auch angesichts neuer Möglichkeiten, die die Digitalisierung der Bahnbranche mit sich bringt.

Seit den ersten Verwendungen von Achszählern sind Jahrzehnte vergangen. Seither ist in der gesamten Bahnbranche breites Wissen über Applikationen entstanden, die auf Basis dieser Technologie realisiert werden können. Das verhilft Achszählern zu ihrem nachhaltigen Erfolg: Die Zahl von Installationen, bei denen sie zum Einsatz kommen, steigt weiter kontinuierlich an. Frauscher hat die umfassenden Erfahrungen zu Achszählern im Jahr  2011 im Frauscher Advanced Counter  FAdC verdichtet. Um die Bedürfnisse verschiedener Märkte zu erfüllen und praktisches Wissen in die Entwicklung mit einfließen zu lassen, entstand dieser Achszähler in enger Zusammenarbeit mit Bahnbetreibern und Systemintegratoren.

Von Anfang an dabei

In Großbritannien stieß der FAdC sofort auf großes Interesse und wurde gleich nach der Markteinführung erstmals installiert. Seither ist dieser Achszähler bei zahlreichen Projekten dort nicht mehr wegzudenken. Heute ist er auf vielen Linien des Vereinigten Königreichs verbaut und trägt in unterschiedlichen Anwendungen dazu bei, dass das britische Streckennetz inzwischen zu den modernsten und effizientesten der Welt gehört.

Durch die hohe Flexibilität dieses Produkts konnte Frauscher über die Jahre auch sehr spezifische Anforderungen erfüllen – selbst wenn dies die Anpassung einzelner Komponenten erforderte. Vor dem Hintergrund der daraus gewonnenen Erfahrungen wuchs auch das Portfolio an Lösungen, die Frauscher seinen Kunden bietet. Entsprechende Entwicklungen des FAdC lassen sich in drei Felder unterteilen:

  • Robustheit und Zuverlässigkeit der eingesetzten Radsensoren
  • Flexibilität im System- und Schnittstellendesign
  • Implementierung zusätzlicher Funktionalitäten

Verpasst garantiert keinen Zug

Als Komponenten, die am Gleis montiert werden, müssen Radsensoren zum Teil unter widrigen Umständen zuverlässig funktionieren. Die Gewährleistung der Zugerfassung erfordert ein solides Design, das es ermöglicht, extremen Temperaturen sowie starken umweltbedingten und mechanischen Einflüssen standzuhalten. Internationale Projekte haben zudem gezeigt, dass elektromagnetische Einflüsse gegebenenfalls spezifische Anpassungen erfordern. Bei der Installation einer Anlage auf den britischen Inseln wurden etwa an Trennstellen der Oberleitung elektromagnetische Einflüsse identifiziert, die Spannungen weit über den durch Tests abgesicherten Werten aufwiesen.

Um eine Lösung dafür zu finden, analysierte Frauscher zunächst die Situation vor Ort umfassend und wertete im nächsten Schritt die dabei gewonnenen Daten in den unternehmenseigenen Labors aus. Auf dieser Basis wurde ein Update des Radsensors RSR123 ausgeführt. Dessen optimierte Version wies im Vergleich zu seinem Vorgänger eine noch bessere Widerstandsfähigkeit gegenüber elektromagnetischen Einflüssen auf.

Der so weiterentwickelte RSR123 kann nun sowohl auf Bahnnetzen mit Gleichspannung als auch auf solchen mit Wechselspannung – und damit auch auf allen Bahnen im Vereinigten Königreich – eingesetzt werden. Nachdem der Sensor bei Crossrail und in Manchester installiert worden war, entwickelte er sich landesweit zur ersten Wahl für sämtliche Anwendungen.

Freie Schnittstellenwahl

In der modernen Bahnbranche wird es immer wichtiger, Daten flexibel und einfach zur Verfügung stellen zu können. Ausgestattet mit parallelen und seriellen Schnittstellen gilt der FAdC auch in diesem Zusammenhang als besonders zukunftsfähig. Denn er kann je nach projektspezifischen Anforderungen einfach und rasch in verschiedene Infrastrukturen integriert werden.

Diese Flexibilität nutzte im Jahr  2017 zum Beispiel das erste Straßenbahnprojekt in Großbritannien, bei dem dieser Achszähler zum Einsatz kam. Die Integration erfolgte über drei verschiedene Relaisschnittstellen. Darüber hinaus ergaben sich im Projektverlauf verschiedene weitere betriebliche Vorteile für das Bahnnetz.

Die serielle Schnittstelle des FAdC ist einer der Gründe, warum dieser Achszähler als Option für die Modernisierung eines wesentlichen Anteils der über 6400 Bahnübergänge im Netz von Network Rail in Betracht gezogen wird. Sein Design ermöglicht die Nutzung kundenspezifischer Softwareprotokolle sowie den Einsatz des Frauscher Safe Ethernet FSE-Protokolls, über das in der letzten Ausgabe von Ultimate Rail ausführlich berichtet wurde.

Die Möglichkeit zur raschen und einfachen Verbindung des Achszählers mit der Bahnübergangssteuerung erlaubt signifikante Kostensenkungen. Gegebenenfalls können sogar kabellose Verbindungen, etwa über Mobilfunknetze, eingerichtet werden. Darüber hinaus können weitere Einsparungen erzielt werden, wenn derselbe Radsensor auch als Aktivierungspunkt und zur Zugerfassung im Signaltechniksystem verwendet wird.

Individuelle Designs

In Manchester wurde der FAdC in einer zentralen Architektur verbaut.

Am Beispiel der Bahnübergänge lässt sich bereits erkennen, dass Achszähler mit verschiedenen Schnittstellen eine hohe Flexibilität bezüglich der Architektur von Systemen bieten. Dies ermöglicht sowohl im sicherheitsrelevanten als auch im nichtsicherheitsrelevanten Bereich deutliche Einsparungen.

Flexible Designs sind unter ganz verschiedenen Bedingungen erforderlich. Das zeigte sich etwa auf der Linie Crewe-Shrewsbury und auf der „Great Northern/Great Eastern“ (GNGE). Hier umfassten die Strecken, auf denen der FAdC zum Einsatz kam, lange Abschnitte in entlegenen Gegenden. Die Anpassungsfähigkeit des FAdC ermöglichte es dort, Komponenten in dezentral angeordneten Schaltschränken verteilt zu platzieren. Gänzlich andere Anforderungen stellte etwa die Installation in der hochfrequentierten Manchester Picadilly Station, wo alle Komponenten in einer Zentrale gebündelt wurden.

Intelligente Funktionen nutzen

Zuverlässigkeit und Genauigkeit sind beim Einsatz induktiver Sensortechnologie schon durch die technischen Voraussetzungen weitgehend gewährleistet. Darüber hinaus braucht es weitere, innovative Ideen, um die Verfügbarkeit weiter zu steigern. Abgesehen von der Möglichkeit zur Installation redundanter Strukturen hat Frauscher daher zwei weitere Ansätze entwickelt, die mittlerweile standardmäßig in seinen Produkten implementiert sind: Counting Head Control CHC und Supervisor Track Section  STS. Dank des modularen Designs der Systeme von Frauscher konnten die für diese Funktionen entscheidenden Komponenten bei der Entwicklung rasch identifiziert und modifiziert werden.

Die Counting Head Control CHC-Funktion wurde ursprünglich auf Basis des Axle Counter System ACS2000 entwickelt. Ihre erste Version wurde beispielsweise eingesetzt, um die Bedämpfung von Sensoren durch Trolleys zu unterdrücken, die in Indien zum Einsatz kommen. Heute wird sie auch in anderen Märkten eingesetzt. Dazu zählt unter anderem Kanada, wo ein Abschnitt der Yonge-University-Line in Toronto mit CBTC ausgestattet wurde. Als Rückfallsystem kommen hier Achszähler zum Einsatz, welche zur Erhöhung der Verfügbarkeit auch mit CHC arbeiten.

Die Funktion Supervisor Track Section STS wurde zusammen mit der Entwicklung des FAdC etabliert. Inzwischen hat Frauscher unterschiedliche Möglichkeiten zur Integration entwickelt. Das macht für Bahnbetreiber eine erhöhte Verfügbarkeit ihrer Signaltechniksysteme möglich, ohne dabei mit Sicherheitsstandards in Konflikt zu geraten. Beide Funktionalitäten werden auch im britischen Bahnmarkt mit großem Interesse verfolgt. Eine Zulassung ihrer Verwendung ist speziell in Bezug auf CHC in naher Zukunft zu erwarten. 

Supervisor Track Section STS: Virtuelle Supervisor-Abschnitte überlagern bestehende Freimeldeabschnitte und können im Falle einer Störung ausgewertet werden.

Daten sammeln – Informationen generieren!

Ergänzend bietet der FAdC über das Frauscher Diagnostic System FDS nützliche Diagnoseinformationen. Bahnbetreiber haben damit die Möglichkeit, vorausschauende Wartungsstrategien zu implementieren und kurzfristig auftretende Probleme gezielt zu lösen. Kurze Installationszeiten und optimale Wartungsfenster tragen zudem zur Sicherheit der Gleisarbeiter bei. Denn deren Aufenthalt im Gefahrenbereich wird beim Einsatz von Achszählern etwa im Vergleich zu Gleisstromkreisen stark reduziert.

Die in diesem Artikel angeführten Beispiele aus dem Vereinigten Königreich und anderen Bahnmärkten zeigen, dass es für die Zukunftsfähigkeit von Achszählern entscheidend ist, Daten über flexible Schnittstellen einfach und rasch zur Verfügung stellen zu können. Eine Kombination aus zuverlässiger Hardware und innovativen Ansätzen kann zudem die Verfügbarkeit erhöhen und die Lebenszykluskosten senken. Moderne Achszähler sind damit in der Lage, bewährte Zuverlässigkeit und hohe Flexibilität zu kombinieren – wodurch sie auch in Zukunft noch lange für unterschiedliche Anwendungen in verschiedenen Bahnmärkten attraktiv bleiben werden.

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