30.06.2020
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Einer für alle

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Induktive Radsensoren sind zuverlässig, robust und flexibel. Diese Eigenschaften machen sie zur optimalen Basis für bekannte und neuartige Anwendungen in der Bahnbranche. Martin Rosenberger, Chief Technology Officer (CTO) bei Frauscher, stellt einige Beispiele vor. 

In vielen Bahnmärkten weltweit werden induktive Radsensoren heute als Grundlage für Achszähler verwendet. Deren wichtigste Aufgabe ist die Gleisfreimeldung. In dieser Kombination kommen sie auch häufig als Signalgeber für Bahnübergänge zum Einsatz. Die Etablierung der Technik in verschiedenen Regionen und Bahnsegmenten rund um den Globus trägt aber auch dazu bei, dass kontinuierlich neue Einsatzgebiete für Radsensoren entdeckt werden. Denn ihre Möglichkeiten können vielseitig genutzt werden. So stellen sie in verschiedenen Installationen zuverlässig Informationen zur Präsenz eines Zuges, dessen Geschwindigkeit oder Fahrtrichtung zur Verfügung. Aber auch Radmittenimpuls oder Raddurchmesser können ausgewertet werden.

Flexibilität spielt dabei natürlich eine große Rolle. Denn um projekt- oder marktspezifischen Anforderungen gerecht zu werden, müssen andernorts bereits etablierte Modelle unter Umständen adaptiert werden. Dies geschieht immer in einem Spannungsfeld aus Anforderung, technischen Eigenschaften und Know-how.

Daraus ergaben sich auch die Eckpunkte für die Entwicklung des Frauscher Radsensors RSR110, der aufgrund seiner offenen, analogen Schnittstelle einfach und schnell in jede Infrastruktur integriert werden kann. Heute steht dieser Sensor in zwei Systemvarianten zur Verfügung: Der RSR110d beinhaltet zwei Sensorsysteme, der RSR110s verfügt über ein Sensorsystem. So lassen sich mit dem RSR110 ganz individuelle Systeme realisieren, die vom Radsensor mit präzisen Messdaten versorgt werden. 

Starker Partner für innovative Systeme

Die zunehmende Elektrifizierung von Eisenbahnstrecken führt dazu, dass Installationen für unterschiedliche Aufgaben in der Bahnindustrie immer größere Herausforderungen in Bereichen wie EMV-Stabilität erfüllen müssen. Häufig vertrauen die Hersteller solcher Anlagen daher heute auf induktive Radsensoren, die auch im Zusammenhang mit elektromagnetischer Verträglichkeit eine hohe Robustheit aufweisen.

Ablaufberge: Neue Komponenten für bewährte Konzepte

Ablaufberge sind bis heute wesentlicher Bestandteil vieler Verschubanlagen. Radsensoren können in diesem Umfeld verschiedene Aufgaben übernehmen, etwa die Geschwindigkeitsmessung.

Weichen, über welche die Waggons den jeweiligen Zügen zugeordnet werden, können mit Hilfe induktiver Radsensoren zuverlässig gestellt werden. Darüber hinaus ermöglichen sie – etwa beim allfällig notwendigen Wiegen der Waggons – eine genaue Positionierung per Radmittenimpuls.

Seit September 2017 ist eine entsprechende Installation in Nordamerika im Einsatz. Dort hatten fortwährende Probleme mit der bestehenden Infrastruktur den Betreiber veranlasst, sich nach Alternativen umzusehen. Die Entscheidung fiel auf die Installation von zwei RSR110d auf der Anhöhe des Ablaufberges. Der Impuls für das Stellen zweier Weichen wird von je einem RSR110s an den jeweiligen Weichenantrieb gesendet.

Die Identifikation und Sortierung der Züge erfolgt über ein Automatic Equipment Identification (AEI)-System. Die Einbindung der Radsensoren in das AEI-System und das Kontrollzentrum des Systemintegrators konnte ohne weitere Adaptionen vorgenommen werden. Das System funktioniert seit seiner Inbetriebnahme zur vollsten Zufriedenheit des Kunden.

Auf Abrollbergen werden induktive Radsensoren für unterschiedliche Anwendungen eingesetzt.

Detektieren, zählen, messen und aktivieren

Weit über die eigenen Landesgrenzen hinaus aktiv ist etwa die Wayside Inspection Devices Inc. aus Kanada. Das laserbasierte TBOGI-System des Unternehmens misst die Geometrie der Drehgestelle vorbeifahrender Züge. So lassen sich frühzeitig eventuelle Abweichungen in der Ausrichtung der Drehgestelle feststellen und schnell beheben. Solche Abweichungen können sonst zu einer raschen Abnutzung von Zugrädern und in der Folge gegebenenfalls sogar zu einer Beschädigung der Gleise führen.

Der Radsensor RSR110d kommt hier zum Einsatz, um die Präsenz eines Zuges und seine Fahrtrichtung anzuzeigen, dessen Geschwindigkeit sowie den Abstand zwischen einzelnen Achsen zu messen und die Datenaufzeichnung durch das TBOGI-System zu aktivieren und wieder zu deaktivieren.

„Die Einbindung des Sensors erfolgte über eine speziell entwickelte Hardware- Schnittstelle, über die das Signal digitalisiert wird. Kostspielige Adaptionen an der Hard- und Firmware des TBOGI-Systems waren dazu nicht vonnöten. Die Präzision, mit welcher der RSR110d unterschiedliche Messungen vornimmt, ist von großer Bedeutung für unsere Systeme“, sagt Denis D’Aoust. Der Präsident von Wayside Inspection Devices Inc. zeigt sich von den Eigenschaften des Radsensors überzeugt.

Frauscher Radsensoren bieten verschiedene Vorteile

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  • Hochresistenz gegen elektromagnetische Störeinflüsse
  • Zuverlässige Funktion unter extremen Bedingungen
  • Einfache Montage mittels patentierter Schienenklaue
  • Flexible Schnittstellen für individuelle Anwendungsmöglichkeiten

Projekt EntKuRo

Der Entkupplungsroboter EntKuRo im Einsatz

Welche Rolle speziell die hohe Präzision von Radsensoren spielen kann, zeigt das Projekt EntKuRo – kurz für „Entkupplungsroboter“. Dieses wird vom österreichischen Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) sowie der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) im Rahmen des Programms „Mobilität der Zukunft – Gütermobilität“ gefördert. Projektpartner sind die Fachhochschule Oberösterreich, ÖBB Infrastruktur, die Fachhochschule St. Pölten, das Austrian Institute of Technology und die Firma Ulbrich. 

„Der europäische Eisenbahn-Güterverkehr wird nach wie vor von der im 19. Jahrhundert entwickelten Schraubenkupplung geprägt. Diese ist für manuelle Bedienung konzipiert und entspricht nicht den heutigen Anforderungen an Produktivität und Arbeitssicherheit“, berichtet Christoph Zellner von der Fachhochschule Oberösterreich über die Hintergründe des Projekts. Zellner erläutert: „Im Projekt EntKuRo wurden die Prozesse beim Trennen von Güterwagen analysiert und daraufhin wurde ein mechatronisches Gerät entwickelt, welches das Trennen vollständig automatisiert durchführt.

Auf einer Teststrecke am Verschiebebahnhof Linz wird der Entkupplungsroboter unter realen Bedingungen getestet. Für die erfolgreiche Entwicklung eines solchen Systems sind verschiedenste Sensoren notwendig, wie zum Beispiel der Radsensor RSR110d von Frauscher. Dieser bietet die Möglichkeit, sowohl die Anzahl der Achsen zuverlässig zu bestimmen und mit der Datenbank abzugleichen als auch die Freigabe für den Entkupplungsprozess auszugeben. Durch die Auswertung der Signalflanken ist es zusätzlich möglich, die Geschwindigkeit des darüber hinweg fahrenden Zuges zu berechnen. Der Radsensor ist somit eine wichtige Grundlage für einen sicheren und verlässlichen Entkupplungsprozess.“ 

Exakte Zugerfassung bleibt Thema

Schon diese kleine Auswahl an Anwendungsbeispielen eines einzigen Sensormodells lässt erkennen, wie wichtig diese Technologie auch in Zukunft in der Bahnbranche sein wird.

Gerade in Bezug auf Genauigkeit und Zuverlässigkeit werden induktive Radsensoren noch lange Stand der Technik sein. Zusätzliche Eigenschaften, wie die Etablierung unterschiedlicher Modelle mit individuellen Verkabelungsmöglichkeiten oder offene Schnittstellen, machen diese Geräte umso konkurrenzfähiger.  

Vom Sensor zur Produktfamilie

Der RSR110 wurde wegen seiner offenen analogen Schnittstelle und seiner positiven Eigenschaften bereits in verschiedenen Projekten eingesetzt. Die Auswertung des Stromsignals kann völlig frei nach eigenen Anforderungen über eine einfache Elektronik, SPS oder einen Mikrocontroller erfolgen. Die Anzahl der Hardwarekomponenten sowie der Platz- und Strombedarf sind somit geringer. Auch die Schwellenwerte für Trigger und die Abtastrate sind in Abhängigkeit von der konkreten Anwendung frei wählbar. Für Systeme, in denen keine individuelle Softwareintegration nötig ist, können die Radsensorinformationen über den Frauscher Wheel Sensor Signal Converter WSC digitalisiert werden. 

Mehrfach wurden mit dem RSR110 auch erfolgreich Einzelsensoren ersetzt. Um diesen Prozess weiter zu vereinfachen, entwickelte Frauscher ein Sensormodell, das mit nur einem Sensorsystem ausgestattet ist und eine entsprechende Verkabelung ermöglicht. Im Portfolio wird nun zwischen dem RSR110d (double) mit zwei Sensorsystemen und dem RSR110s (single) mit einem Sensorsystem unterschieden. Vor dem Hintergrund jahrelanger Erfahrung in der Entwicklung zuverlässiger Sensoren hat Frauscher damit ein äußerst flexibles Produkt geschaffen, das die Umsetzung verschiedenster Anwendungen ermöglicht. Dadurch konnten längst bekannte Applikationen wesentlich verbessert, aber auch ganz neue Ansätze entwickelt werden. 

RSR110
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